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03.05.02 - Allgemein: USA: Spiele mit Gewaltdarstellung...

geschrieben von Klaus Reiss um 14:38 Uhr.

Nach den Schulmassakern in den USA hatte der County von St. Louis, Missouri, im Oktober 2000 eine Anordnung erlassen, nach der es verboten ist, Computerspiele mit Gewaltdarstellungen ohne die explizite Zustimmung eines Elternteils oder eines Erziehungsberechtigten für Minderjährige unter 17 Jahren zugänglich zu machen. Die Anordnung stellte dabei einen direkten Zusammenhang zwischen Gewaltdarstellungen in Computerspielen und Amokläufen wie etwa beim Massaker an der Columbine-Highschool in Littleton her. Die Anordnung des County sah vor, dass Computer- oder Videospiele mit Gewaltdarstellungen, die als schädlich für Minderjährige gelten, in der Öffentlichkeit nur in einem gesonderten Bereich gespielt werden dürfen. Unter Strafe stand das bewusste Verkaufen und Verleihen solcher Spiele an Minderjährige, wenn nicht das Einverständnis der Eltern vorliegt.

Der US-Verband der Spieleindustrie, die Interactive Digital Software Association, und andere Organisationen sahen in der Verordnung aber einen Verstoß gegen den ersten Zusatz zur US-Verfassung, der die Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit schützt. Die Kläger waren der Meinung, dass die Anordnung zu vage sei und missachte, dass Computerspiele eine von der Verfassung geschützte künstlerische Äußerung darstellen. Zudem sei eine kausale Verbindung von wirklicher Gewalt und dem Spielen von Computerspielen nicht stichhaltig nachgewiesen.

Das zuständige Gericht wies nun die Klage zurück. Man habe nach der Analyse von vier Computerspielen, unter anderem Doom, darin keine Ideen oder Äußerungen gefunden, die als "Rede" gelten könnten, und vom ersten Verfassungszusatz geschützt würden. Die Anordnung verbiete auch nicht die Herstellung von bestimmten Computerspielen, sondern regle nur, an wen sie gelangen dürfen. Auch wenn es keine gesicherten ursächlichen Verbindungen zwischen der Neigung zur Gewaltausübung und Computerspielen gebe, hätten diese verbreitete Meinung auch die Hersteller akzeptiert. Dies zeige sich auch darin, dass sie Filme oder Computerspiele auch hinsichtlich der Gewaltdarstellungen einstuften.

Für die Diskussion in Deutschland, in der nach dem Amoklauf in Erfurt immer wieder die Forderung nach dem Verbot von Gewalt in Computerspielen zu hören ist, dürfte die US-Entscheidung kaum eine Rolle spielen. Letztlich ging sie nicht weiter auf die Frage der Nachweisbarkeit eines Zusammenhangs zwischen virtueller Gewaltdarstellung und realer Gewalt ein. Zudem gibt es hierzulande keine so weitgehenden Bestimmungen zum Schutz der Rede- und Meinungsfreiheit, wie sie in den USA von den Gerichten im Zuge der Interpretation des ersten Zusatzes zur US-Verfassung festgelegt wurden.

Quelle: heise

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