Das Projekt konsolen.net wurde im Sommer 2007 eingestellt. Bei diesem Internetauftritt handelt es sich nur noch um ein Archiv der Inhalte von 1996 bis 2007.

Konsolen.net > Tests > PlayStation2: Smugglers Run

tests

Smugglers Run

geschrieben von Andreas Wende

Hersteller: Angel Studios / Rockstar Games
Genre: Offroad-Action
System: PlayStation2, PAL-Version
Besonderheiten: Memory Card / Analog Sticks / Vibration
USK (ESRB): ab 16 Jahre
Spieler: 1 - 2 Spieler
Testmuster von: Fachhandel

Im Guten (SSX) wie im Schlechten (Eternal Ring): Keiner kann sagen, die PS2 wäre nicht für so manche Software Überraschung gut! Überraschend ist auch Angel Studios erster PS2 Titel, der Euch in eines der ältesten Gewerbe der Welt (nicht was Ihr Ferkel jetzt wieder denkt) entführt, in die Welt der Schmuggler. Ob die Überraschung allerdings positiv oder negativ ausgefallen ist, lest Ihr hier!

Die Geschichte von Smugglers Run, bzw. dem gleichnahmigen Hauptmodus ist schnell erzählt: Irgendwo im amerikanisch-kanadischen Grenzland startet Ihr mal wieder als absoluter Nobody in eine neue , virtuelle Karriere, diesmal zur Abwechslung eben als Schmuggler. Und im Prinzip war es das storytechnisch auch schon, einfach oder nicht?

Genauer gesagt so einfach, dass man auch hier (vom Intro abgesehen) mal wieder keinen Augenblick auf die Herstellung irgendwelcher erklärender und den Spieler belohnender Zwischensequenzen verschwendet hat. Offenbar regiert spätestens seit Time Splitters der präsentationstechnische Minimalismus die Next Generation, was in diesem Fall sehr schade ist, den die Schmuggler Thematik hätte sicher einen ebenso guten Plot abgegeben, wie seinerzeit Driver.

Stattdessen stürzt Ihr Euch nun, lediglich mit einer knappen schriftlichen Info versehen in jede der rund drei Dutzend Missionen. Genug Zeit, Euch geistig auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten bieten Euch vorher die für PS2 Verhältnisse vergleichsweise langen Ladepausen. Die erklären und entschuldigen sich aber allerdings sofort, wenn Ihr erstmal einen Blick auf die Quadratkilometer grossen Areale geworfen habt, in denen Ihr nun Euer Unwesen treiben sollt, denn die sind gigantisch!

Nun gilt es, mit dem Schmuggel von Nuklearmaterial, Organen und anderem unappetitlichen Zeug Eure Karriere anzuschieben und das Konto Eurer Gang zu füllen.

Von wenigen Leveln ausgenommen, in denen Ihr z.B. auch mal Funkanlagen zerstört oder Euch mit feindlichen Gangs in Check Point Rennen (zu selten) oder Capture the Bag Spielereien (zu häufig) messt, ist die Aufgabenstellung immer gleich: Ihr sammelt ein Pickup ein (markiert durch grünes Signalfeuer), bringt es zum Übergabeort (rotes Signalfeuer) und schaltet dadurch das nächste Pickup frei, das daraufhin irgendwo in der Landschaft auf seine Abholung wartet und der Spaß beginnt aufs Neue.

Sind alle Pickups einer Mission erfolgreich abgeliefert (bzw. die Aufgabe erfolgreich gelöst, wenn es sich mal nicht um simple Liefertätigkeiten handelt), wird die nächste Mission freigeschaltet und Ihr könnt Euch ausserdem über die erspielte Kohle freuen, die gewissermassen als Score funktioniert (mehr als freuen ist aber nicht drin, denn kaufen könnt Ihr Euch für die Schmuggelkohle leider nichts).

Habt Ihr sogar alle Missionen eines Landschaftstyps (Wald, Wüste, Schnee) gemeistert, führt Euch die nächste Mission nicht nur in eine neue Landschaft mit neuen fahrerischen Herausforderungen, auch Euer Fuhrpark wird moderat erweitert.

Soweit die Theorie, doch nun zur Praxis: Irgendwo im weitläufigen Grenzgebiet besteigt Ihr Euren Wagen und macht Euch auf den Weg. Das ist einfach, denn ein Richtungspfeil weist Euch stets den Weg zum nächsten Ziel, egal ob Pick Up oder Ablieferungspunkt.

Etwas unbehaglich ist dabei zuerst nur das unbarmherzig tickende Zeitlimit, von dem Ihr aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal erahnt, wie brutal knapp es wirklich sein kann. Insbesondere dann, wenn man sich zu sehr auf den praktischen Wegweiser verlässt, denn in Punkto Befahrbarkeit der Landschaft ist er eine echte Nullnummer. Immer straight auf das Ziel ausgerichtet und tatsächlich, fast jedes Gelände lässt sich irgendwie durchqueren bzw. überwinden.

Nur ist häufig einfach der Preis dafür etwas zu hoch! Zum einen verliert Ihr natürlich bei Steigungen drastisch an Geschwindigkeit, zum anderen beschädigt Ihr mit Monstersprüngen Euren Wagen, da sich derlei Strapazen sofort in der Zustandsleiste Eures Fahrzeuges niederschlagen.

Und das sind genau die beiden Momente, die Euren Verfolgern in die Hände spielen! Natürlich könnt Ihr nach Steigungen wieder Gas geben, nachdem Ihr einen steilen Hügel hinaufgeschlichen seid, ja sogar die Zustandsleiste frischt (unrealistischer Weise) sich wieder auf, solange Ihr den Wagen schont. Aber genau dies versuchen Boarder Police, CIA und FBI zu verhindern! Und das nicht zu zimperlich, denn abgesehen vom Zeitlimit ist die vollständige Demontage Eures Wagens der einzige Weg, wie Cops und Co Euch stoppen können, also macht Euch auf eines der heftigsten Erlebnisse dieser Art in Eurer Zockerkarriere gefasst!

Zum Glück waren die Engel (Angel Studios) halbwegs gnädig und erschweren die ganze Angelegenheit nicht noch durch eine vermurkste Steuerung. Wahlweise per Steuerkreuz (nur digital) oder Analog Sticks bewegt Ihr Eure fahrbaren Untersätze gut und direkt durch die Landschaften, es sei denn natürlich landschaftliche Eigenheiten vertragen sich nicht mit Eurem Fahrstil und lassen Eure Schüssel fliegen. Immerhin passiert das auch Euren Gegnern, dass diese Ihre Wgaen aber bedeutend schneller wieder unter Kontrolle haben als Ihr, versteht sich von selbst.

Trotzdem: Smugglers Run bietet sicher genug Gelegenheiten sich zu ärgern, die Steuerung gehört aber mit Gewissheit nicht dazu. Anders sieht es da schon im visuellen Bereich aus!Grafisch bietet Smugglers Run kritisch betrachtet deutliche Höhen und Tiefen. Die drei Landschaftssets sind überzeugend in Szene gesetzt und sehen äusserst real aus. Absolutes Highlight ist jedoch die hervorragende, nie dagewesene Weitsicht, die Euch so manches Signalfeuer schon kilometerweit vorher erkennen lässt, wogegen man Pop Ups dagegen vergebens suchen wird.

Hier kann die PS2 Hardware endlich sichtbar die Muskeln spielen lassen und einen kleinen Vorgeschmack auf das liefern, was hoffentlich zum Standard der 2. und 3. Spielegeneration werden wird und den guten alten PSone typischen Nebel, der sich auch immer mal wieder in die Spiele des Nachfolgers zu schleichen versucht, für immer aus unseren Abenteuern verbannen wird.

Natürlich nur, wenn nicht in Zukunft alle Ressourcen für die Darstellung vernünftiger Fahrzeuge benötigt werden, denn in dem Bereich könnte Smugglers Run mehr als nur eine Schippe zulegen, von Next Generation keine Spur! Die überwiegend hässlichen und wenig detaillierten Karosserien des Smugglers Run Fuhrparks muß man erstmal verdauen, schon zu PSone Zeiten hätten sie definitiv keinen Designpreis gewonnen!

Zum Glück sagt Hässlichkeit aber nichts über den Spielspaß aus und auch Euren Augen wird geholfen, denn aufgrund der heftigen Offroad Belastung fliegen sowieso alle Nase lang die hässlichen Fahrzeugteile durch die Gegend und verschwinden auf nimmer Wiedersehen.

Hat z.B. der Buggy erstmal seine komplette Verkleidung verloren, sieht er sogar richtig gut aus! Nur schade, das am Anblick der hässlichen Verfolger kein Weg vorbei führt, die verlieren Ihre Verkleidungen nämlich leider nicht.

Soundtechnisch hätte Smugglers Run dagegen sicherlich das Zeug zu Höchstwertungen gehabt. Sowohl die saubere deutsche Synchronisation, mit einem fetten Extrapunkt für die laszive Stimme Eurer Auftraggeberin, als auch die Motorensounds und Kollisionsgeräusche können sich hören lassen.

Darüberhinaus finden sich im Booklet immerhin die Credits von satten sechzehn Tracks und das ist exakt der Moment an dem das soundtechnische Elend seinen Anfang nimmt, denn im fertigen Spiel findet sich mit einer Ausnahme (Titeltrack während der Auswahlmenüs) kein einziger dieser Songs wieder, Wär nicht schlimm, wenns dafür andere Sounds gäbe, aber auch das ist nicht der Fall. Stattdessen hört man das gesamte Spiel hindurch keinen einzigen Takt Musik und daran ändert auch das Wühlen in den Optionen leider nichts!

Selbst für eine Preview-Version wäre das bitter, aus Aktualitätsgründen aber noch zu verzeihen, für ein Vollpreisprodukt ist es dagegen gänzlich indiskutabel (zumal die früher erschienene US-Version diese Probleme nicht hat)! Immerhin entstammt unser Testmuster der regulären in den Handel gelangten Erstauflage und hat zu allem Überfluß noch einen weiteren, gravierenden Soundbug on board: So hängt sich regelmässig in den Missionen der Motorsound komplett auf und Ihr gleitet für einige Zeit (15-20 Sekunden) völlig lautlos durch Wald, Wüste und Schnee! Trotz aller positiver Ansätze, einen derart verbuggten Sound kann man leider nur noch als unterdurchschnittlich werten!

Aller visuellen Kritik zum Trotz: Ein Spiel wie Smugglers Run steht und fällt vielmehr mit der gegnerischen KI. Um es kurz zu machen: In Rockstars Schmuggler Epos bewegt sie sich ungefähr auf dem Niveau tollwütiger Bluthunde! Nicht besonders intelligent, aber kaum mehr abzuschütteln, wenn sie einmal Witterung aufgenommen haben.

Egal ob Boarder Police, CIA oder FBI: Dem Gegner dauerhaft davon zu fahren, ist praktisch unmöglich, schon das enge Zeitlimit verbietet ausgedehnte Katz und Maus Spiele, die vielleicht zum Erfolg führen würden.

So fahrt Ihr stattdessen immer hart am Limit, einen immer länger werdenden Rattenschwanz an Verfolgern hinter Euch, Schweiß in den Händen und ein Stoßgebet auf den Lippen, von einem Neustart zum anderen, bevor Ihr irgendwann mit viel Übung und Glück endlich die nächste Stage erreicht habt. Das gilt natürlich nicht für jede Mission, aber mindestens ein halbes Dutzend gut in den Missionsverlauf eingestreute Hammeraufgaben lassen selbst Joypad-Profis an den Rand der Verzweiflung gelangen.

Dann hilft oft nur noch die Option Joyride, in der Ihr frei und unbehindert die Gegend erkunden dürft, denn genau wie ein echter Schmuggler habt Ihr nur dann noch eine Chance, wenn Ihr die Landschaft zu Eurem Verbündeten machen könnt!

Das ist schwer, kann einen fast krank machen, hat aber, man muss es fairerweise sagen, mit künstlicher Intelligenz nicht allzuviel zu tun! Wie übrigens der Rest der Schmuggler Idylle auch nicht. Wer sich die Welt von Smugglers Run mal genaur ansieht stellt schnell fest, dass die einzige Variable nur Euer Verhalten ist, alles andere ist dagegen komplett vordefiniert!

Das heisst, die Verfolger starten immer von den gleichen Positionen, verhalten sich immer gleich, zumindest bis sie sich an Euch drangehängt haben, sodass Ihr nunmehr minimalen Einfluss auf deren Handeln bekommt. Die übrige Welt verhält sich auch immer absolut gleich. Der Zug kommt immer zur selben Zeit, alle Figuren stehen immer an den selben Orten und auch der gesamte zivile Verkehr folgt dem immer gleichen Fahrplan!

Sehr schade, denn die Berechnung einer dynamischen undurchschaubareren und damit länger motivierenden Welt sollte für die Emotion Engine doch wohl problemlos zu bewerkstelligen sein, oder?
Statdessen wurde dem Umstand, dass ein einmal erkannter Lösungsweg beliebig reproduzierbar und damit motivationstötend ist, ganz billig mit einer Gegnerhorde reagiert, die Euch auf den Fersen bleibt, als wäre sie mit höheren Mächten im Bund.

Eins ist sicher: So manches Mal werdet Ihr Euch wütend eine Replayfunktion wünschen, um wenigstens einmal in aller Ruhe herausfinden zu können, wie es Euren Häschern diesmal wieder gelungen ist, Euch zu Strecke zu bringen. Aber wie schon gesagt, Replays sucht Ihr vergebens, also muß es auch ohne gehen. Und es geht auch! Denn trotz Höhen und Tiefen bietet Smugglers Run Action pur, die echte Offroader endlos motivieren kann.

Hart im Nehmen solltet Ihr im Hinblick auf den Schwierigkeitsgrad aber schon sein! Und wessen Karriere an das Ende des fahrerischen Könnens gestossen ist, der kann immer noch unter Rubrik "Eroberungskrieg" mittels einiger kurzweiliger Spielmodi üben, wahlweise auch zu Zweit im soliden Splitscreen-Mode!

fazit

Ich habe mich schon dran gewöhnt, dass PS2 Titel mich auf den ersten Blick zumindest optisch entäuschen, nicht anders ging es mir mit Smugglers Run. Der Großteil des dürftigen Fuhrparks tut dies auch heute noch, die Spielumgebung macht dieses Manko aber klar wett (erst recht seit ich Midnight Club Street Racing gesehen habe). Spielerisch ist SM inzwischen, trotz Bugs und unverschämtem Schwierigkeitsgrad längst zu meinem PS2 Favoriten geworden, bessere Offroad Action bietet auch die Konkurrenz nicht! Die immer gleichen Aufgaben sind zwar nicht optimal, aber geht es nicht auch Rennspielen eigentlich immer um dasselbe? Smugglers Run ist ein echter PS2 Geheimtip!


grafik: 7.0 | sound: 4.5 | gameplay: 8.5 | gesamt: 8.0
Copyright 1996-2007 bei Jochen Rentschler. Alle Rechte vorbehalten.