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Indycar Series

geschrieben von Sascha Gläsel

Hersteller: Brain In A Jar; Codemasters
Genre: Rennspiel
System: Xbox, PAL-Version
Besonderheiten: original Fahrer und Teams der Indy Racing League der Saison 2002; kein Xbox Live
USK (ESRB): keine Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: Codemasters

Wenn ihr an Motorsport in den USA denkt, fällt euch dann nicht auch das legendäre Indy 500 in Indianapolis ein, bei dem Formel 1 ähnliche Boliden in einem riesigen Oval mit bis zu 400 Sachen um Platz und Sieg fighten? "Indycar Series" läßt euch unter anderem auch dieses Motorsportevent auf der Xbox nachspielen.

Cover Indycar Series XboxZunächst mal eine kleine Veranstalterkunde: In den USA buhlen zwei Formel 1 ähnliche Rennsportserien um die Gunst der Zuschauer. Während die Champ Car World Series weltweit unterwegs ist und dieses Jahr bereits in Deutschland am Lausitzring gastierte - unvergessen Alex Zanardis Auftritt nach seinem Horrorunfall an selber Stelle, bei dem er zwei Jahre zuvor beide Beine verlor - bleibt die Indycar Series zuhause in den USA. Zudem rasen die Boliden der Indy Racing League ausschließlich auf ovalen Rundkursen, während die Carts der Champ Car World Series zum großen Teil auf traditionellen Rennstrecken (zum Beispiel Brands Hatch, Laguna Seca, Montreal) und Flughafen- und Stadtkursen ihre Rennen austrägt. "Indycar Series" simuliert ausschließlich die Veranstaltungen der Indy Racing League.

Ovale: Herausforderung oder große Langeweile?
Damit stehen also ohne Ausnahme Ovale auf dem Veranstaltungskalender. Höre ich da etwa ein "Sind doch alle gleich ... langweilig, immer nur im Kreis ..."? Na wenn ihr euch da mal nicht geschnitten habt. Die Kurse sind trotz auf den ersten Blick einfacher Streckenführung nämlich durchaus anspruchsvoll und unterscheiden sich fahrerisch von Stadt zu Stadt zum Teil erheblich. In einigen Rennen könnt ihr praktisch ohne großen Abtrieb durch eure Spoiler Vollgas durch die Gegend heizen, während vor allem die kleineren Ovale vollen Flügeleinsatz fordern und ihr in den Kurven mit dem Gaspedal sehr umsichtig umgehen müßt, wollt ihr nicht in die Begrenzungsmauer rasen. Wer will schließlich seinen Flitzer durch eigenen Übermut zu Klump fahren? Die Bremsen werdet ihr nur dann brauchen, wenn ein Boxenbesuch ansteht oder ihr in einer Gelbphase hinter dem Pacecar herdackeln müßt.

Bevor ihr euch in eine komplette Saison aufmacht oder direkt in die berühmt berüchtigten Indianapolis 500 einsteigt, solltet ihr unbedingt die virtuelle Fahrschule für angehende Rennfahrer unter dem Menüpunkt "Meisterklasse" besuchen. Hier wird euch das Einmaleins des erfolgreichen Fahrens beigebracht. Vor allem, wie ihr im Fahrerpulk den Windschatten ausnützt, wie ihr dabei auch noch Benzin spart oder wie Boxenstops oder Gelbphasen zu laufen haben. Dazu erhaltet ihr neben den Ausführungen in der Anleitung noch eine interaktive Einführung über das richtige Tuning eures Boliden. Schließlich wollen nicht nur die Flügel sondern unter anderem auch das Getriebe, die Federung, der Radsturz oder der Abstand des Unterbodens zur Fahrbahn so eingestellt werden, dass ihr ein Maximum an Geschwindigkeit bei möglichst gutmütigen Fahreigenschaften aus eurem Wagen herausholt.

Die Fahrschule
Das Gelernte setzt ihr gleich in die Praxis um, indem ihr einen vorgegebenen Wagen mit verunstaltetem Setting wieder auf Vordermann bringt. Gar nicht so einfach. Auch die anderen Lektionen schließen mit einer Prüfung ab, in der ihr zeigen müßt, dass ihr die Ausführungen verstanden habt. Zur Belohnung gibt es Medaillen. Die Vorgaben für Bronze sind so gehalten, dass auch Anfänger über kurz oder lang erfolgreich sind. Die Vorgaben für die Goldauszeichnung sind allerdings so hoch angesetzt, dass nur fortgeschrittene Spieler eine Chance haben. Trotzdem solltet ihr diese Aufgaben unbedingt halbwegs erfolgreich absolvieren. Ihr werdet die so gesammelten Erfahrungen in den Rennen später brauchen.

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Ups, da hat ein unachtsamer Fahrer eine Massenkarambolage ausgelöst. Da muss das Pacecar ran und das Rennen neutralisieren. Eure Chance für einen schnellen Boxenstop?

Wenn ihr zum Beispiel effektiv an den Einstellungen herumzuspielen gelernt habt erhöht das später eure Siegchancen im normalen oder fortgeschrittenen Schwierigkeitsgrad enorm. Die besten Settings nutzen euch aber nichts, wenn ihr nicht die Kurven richtig zu nehmen versteht. Den richtigen Einlenkpunkt zu finden, an dem ihr mit eurem Renner in die Kurve gehen müßt, ist die große Herausforderung jedes Ovales auf eurer "Indycar Series" Tour. Stecht ihr zu früh in die Kurve, wird es euch am Kurvenausgang nach außen treiben. Seit ihr zu spät dran, könnt ihr die Innenseite der Kurve nicht halten und es treibt euch schon am Kurveneingang in Richtung rechte Begrenzungswand. In beiden Fällen müßt ihr vom Gas gehen um einen Unfall zu vermeiden und verliert wertvollen Speed. Das Ergebnis sind ein oder mehrere verlorene Plätze, wenn ihr Konkurrenten dicht hinter euch habt.

Fordernde Computerfahrer
Die KI ist nämlich nicht von schlechten Eltern. Die Computerfahrer lauern nur auf eure Fehler um Innen an euch vorbei zu ziehen. Dies macht den großen Reiz in "Indycar Series" aus. Dank Windschattenspielchen hat praktisch jeder Fahrer die Möglichkeit, seinen Vordermann zu überholen. Es ist keine Seltenheit, dass in einer der kurzen Runden die Führung wechselt. Auch im Fahrerfeld finden massig Überholmanöver statt. Und das nicht nur, wie in der Formel 1, wenn ein Überrundeter Platz für die Führenden macht. Das bei den immensen Geschwindigkeiten nicht andauernd Unfälle den Asphalt mit Trümmern übersäen verhindert ihr durch umsichtiges Fahren. Nehmt euch ein Beispiel an den Computerkollegen, die sofort zurückziehen, wenn sie keine Chance zum Überholen haben und euch in der Regel immer genügend Raum zum Manövrieren lassen.

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Beachtet hier den schwarzen Reifenabrieb auf der Fahrbahn, der die Ideallinie anzeigt. Im Laufe des Rennens sammelt sich auf der Ideallinie immer mehr davon an.

Wie bei den tatsächlichen Veranstaltungen der Indy Racing League besteht ein Rennwochenende aus einem freien Training, einer Qualifikation und natürlich dem Rennen. im freien Training lernt ihr die Strecke kennen und bastelt an eurem Fahrzeug herum. Dabei schraubt ihr ein getrenntes Setup für das Qualifying und das Rennen zusammen. Das Mehr an Benzin im Rennen erfordert natürlich ein Mehr an Grip, als wenn ihr in der Qualifikation mit fast leerem Tank über die Strecke heizt. In der Quali dreht ihr abgesehen von einem Kurs drei Runden. Die erste ist eine Einführungsrunde. In der zweiten und dritten wird es ernst. Der beste Geschwindigkeitsdurchschnitt der beiden gezeiteten Umläufe bestimmt euren Startplatz fürs Rennen. Die Ausnahme ist Indianapolis. Hier zieht ihr fünfmal eure Kreise (vier gezeitete Runden).

Training, Qualifying, Rennen
Ein Rennen müßt ihr nicht über die komplette Distanz bestreiten. Eine Verkürzung in Form von 25 oder 50 Prozent der tatsächlichen Rundenzahl ist möglich. Abhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad erleichtern euch einige Helferlein das Fahrerleben. So steht euch auf Wunsch zum Beispiel eine Traktionskontrolle, ein Automatikgetriebe oder die Übernahme der Steuerung durch den Computer in Gelbphasen und bei der Boxenausfahrt zur Verfügung. Spielt ihr als Profi und auf längere Renndistanzen müßt ihr Boxenstops zum Reifenwechsel und Treibstoff fassen einkalkulieren. Meidet hier wegen des stärkeren Schadenmodells wie der Teufel das Weihwasser Kontakt mit der Begrenzungsmauer, damit euer Wagen keinen Aufhängungs- oder Reifenschaden erleidet. Ein dadurch erforderlicher unplanmäßiger Boxenbesuch wirft euch nicht nur bei verkürzter Renndistanz sehr weit zurück, zumal ihr ansonsten nämlich bei 25 Prozent ohne Stop durchfahren könnt.

Auch auf der Rennstrecke nehmt ihr in kleinem Rahmen noch Einfluss auf Benzinverbrauch und Fahrverhalten. Fahrt ihr zum Beispiel die ganze Zeit hinter einem Fahrzeug her, spart ihr Treibstoff, indem ihr die ganze Zeit im sechsten Gang den Windschatten ausnutzt. Der sechste Gang ist einzig und allein fürs Windschattenfahren gedacht. Darüber hinaus verändert ihr das Treibstoffgemisch während der Fahrt. Eine fetteres Treibstoffgemisch läßt euch den Sprit schneller verbrauchen, bringt aber auch höhere Geschwindigkeit. Im Windschatten reicht aber auch ein mageres Gemisch mit geringerem Verbrauch. Außerdem könnt ihr die Gewichtsverteilung leicht verändern um leichtes Über- oder Untersteuern auszugleichen.

Informationen über Funk
Eine etwas klein ausgefallene Tabelle auf der rechten oberen Bildschirmseite informiert über den aktuellen Stand im Rennen. Da ihr eure Augen immer auf die Strecke gerichtet lassen solltet ist ein Blick auf die stets eingeblendete Rangfolge nur auf langen Geraden zu empfehlen. Ist aber nicht unbedingt nötig, da ihr einen beredten Spotter auf der Tribüne sitzen habt. Der informiert euch via Funk wie groß der Vorsprung zu eurem Hintermann ist oder wie weit ihr hinter dem Nächstplazierten zurück liegt. Außerdem weist er euch darauf hin, wenn der Fahrer, auf den ihr demnächst auflauft, ein zur Überrundung anstehender Konkurrent ist, oder ihr mal wieder eine schnelle oder lahme Runde gedreht habt. Einen Rückspiegel seht ihr in der Cockpitperspektive nicht. Dazu gibt es noch zwei Third-Person-Ansichten als Alternative zur Ego-Perspektive. Per Knopfdruck werft ihr einen schnellen Blick nach hinten.

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Das Salz in der Rennfahrersuppe. Spannende Positionskämpfe in fast jeder Runde.

Grafisch ist "Indycar Series" mittelprächtig inszeniert. Die Autos sind was den Detailgrad angeht durchaus ansehnlich ausgefallen. Bei Schäden werden aber nur größere "Gebrechen" wie ein angeknachster oder weggeflogener Vorderflügel oder eine angebrochene Achse realistisch wiedergegeben. Lackschäden oder kleinere Malleure bei leichtem Mauerkontakt wirken sich abgesehen von herumwirbelnden kleinen Chassis- oder Flügelteilen nicht sichtbar aus. Die Asphalttexturierung gefällt dagegen durch ihre realistische Darstellung. Im fortschreitenden Rennen bleiben Bremsspuren zurück. Zudem nimmt die schwarzen Einfärbung auf der Ideallinie durch den Gummiabrieb der Reifen von Runde zu Runde zu. Die Zuschauermassen sind nur als unansehnliche bunte Pixel zu sehen. Grausam wird es bei Zwischensequenzen, wenn eure hölzern animierte Boxencrew zum Reifenwechseln oder zur Behebung kleinerer Schäden antritt. Wenn euer virtuelles Alter Ego zur Siegesfeier schreitet gibt es grobe und ebenfalls mehr als dürftig animierte Polygonklötze auf die Augen.

Im Geschwindigkeitsrausch
Dafür stimmt aber das rasante Geschwindigkeitsgefühl. Wenn ihr mit über 380 Sachen über den Indianapolis Speedway heizt, dann wird diese irre Geschwindigkeit prächtig auf den Bildschirm gezaubert. Die Steuerung via Joypad ist sehr feinfühlig aber nicht hypersensibel, so dass ihr in den schwierigen Kurvenfahrten immer die volle Kontrolle über euren Boliden habt - so denn euer Setup nicht total verhunzt ist. Eine kleine Grafik gibt zudem den Status eures Fahrzeuges, die Temperatur der Reifen oder den noch verbleibenden Tankinhalt wieder. Erkennt ihr bei den Reifen eine ungleichmäßige Temperaturverteilung ist dringend ein Besuch in der Garage anzuraten um dieser Fehlentwicklung durch geänderten Reifendruck oder Radsturz entgegen zu wirken.

Neben den Motorgeräuschen hört ihr die dank Funkübertragung etwas verrauschte deutsche Stimme eures Spotters und bei eingeschalteter Musik einige wenige rockige Musikstücke. Einbindung eigener Songs von der Festplatte ist nicht möglich. In der "Meisterklasse" begleitet euch ebenfalls eine deutsche Stimme. Schaltet aber hier unbedingt die Untertitel hinzu, da ihr aufgrund der lauten Motorengeräusche - alle Empfehlungen werden mit konkreten Rennsituationen verdeutlicht - die Stimme nicht immer klar und deutlich vernehmt. Bis zu vier Spieler dürfen sich im Splitscreen duellieren. Bis zu sechs Computerfahrer schalten sich auf Wunsch in die Auseinandersetzung ein. Ein umfangreicheres Fahrerfeld von 20 und mehr Racern dürft ihr leider im Multiplayerpart nicht durchpflügen. Eine Speicherfunktion während eines Rennens ist vorhanden. Allerdings müßt ihr euch dazu an die Box begeben.

Bonusmaterial
Bevor ihr ans Lenkrad dürft, gilt es ein eigenes Profil anzulegen. Hier werden unter anderem eure Erfolge festgehalten, aber auch wie viele Rennen ihr bisher bis zum Ende absolviert habt. Durch Erfolge schaltet ihr Bonusmaterial frei. So erfahrt ihr in Kartenform näheres zu den Strecken und Fahrern der Indy Racing League des vergangenen Jahres. Als besonderes Bonbon winken interessante Filme, in denen zum Beispiel in einer kleinen Geschichststunde die Vergangenheit der Rennstrecke in Indianapolis in alten schwarz-weiß Bildern wieder auflebt. Allerdings nur in englischer Sprache. Ansonsten ist "Indycar Series" komplett in deutsch gehalten.

fazit

Als Fan der alten "Indycar Racing" PC-Spiele von Papyrus bin ich im siebten Rennfahrerhimmel. Endlich mal nicht die übliche eher arcadelastige Formel 1 Konsolen Mucke, sondern Formel Rennsport mit Simulationsanspruch. Zwar "nur" die Rundkurse der Indy Racing League und nicht die etwas abwechslungsreicheren Schauplätze der Champ Car World Series, aber immerhin mal was anderes. Die Strecken sind durchaus fahrerisch anspruchsvoll und abwechslungsreich, die mächtigen Top-Speeds der Indy Geschosse werden realistisch rüber gebracht. Wer von den lahmen Formel 1 Rennen genug hat, in denen nur noch in der Box und bei Überrundungen Überholmanöver geboten werden, und sich von Ovalen nicht abschrecken läßt, sollte unbedingt einmal reinschnuppern. Zahlreiche und spannende Duelle Reifen an Reifen sind in "Indycar Series" nämlich an der Tagesordnung (sag).


positiv:

  • spannende Positionskämpfe
  • feinfühlige Steuerung
  • prächtiger Geschwindigkeitsrausch
negativ:
  • "nur" ovale Rennstrecken
  • wenig bekannte Rennserie
  • nur max. 6 Computerfahrer bei Mehrspielermatches
  • kein Xbox Live


grafik: 7.0 | sound: 7.0 | gameplay: 8.0 | gesamt: 8.0
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